Abschied vom Firmenmogul - Hunderte trauern um Adolf Merckle
Blaubeuren - Ein ganzes Dorf hat Abschied genommen von dem wohl bislang prominentesten Opfer der Wirtschaftskrise: Dem schwäbischen Milliardär Adolf Merckle. Weinend lagen sich am Montag Freunde, Mitarbeiter und Bekannte vor der evangelischen Stadtkirche in Blaubeuren bei Ulm in den Armen. Gemeinsam mit Merckles Familie trauerten sie um den 74-Jährigen, der sich vor genau einer Woche von einem Zug erfassen ließ, weil er es nicht verkraftet hatte, nach fehlgeschlagenen Börsenspekulationen die Kontrolle über seine Gruppe zu verlieren.

Blaubeuren - Ein ganzes Dorf hat Abschied genommen von dem wohl bislang prominentesten Opfer der Wirtschaftskrise: Dem schwäbischen Milliardär Adolf Merckle. Weinend lagen sich am Montag Freunde, Mitarbeiter und Bekannte vor der evangelischen Stadtkirche in Blaubeuren bei Ulm in den Armen. Gemeinsam mit Merckles Frau Ruth sowie seinen Kindern Ludwig, Philipp Daniel, Tobias und Jutta trauerten sie um den 74-Jährigen, der sich vor genau einer Woche von einem Zug erfassen ließ, weil er es nicht verkraftet hatte, nach fehlgeschlagenen Börsenspekulationen die Kontrolle über seine Gruppe zu verlieren. Rund 700 Menschen verfolgten die Feier in der Kirche, weitere 900 in der Stadthalle.
Großer Andrang
Ein schlichter Holzsarg stand im Mittelschiff der Stadtkirche. Ein Porträtfoto erinnerte an den jahrzehntelang erfolgreichen Unternehmer. Die Familie hatte einen Blumenkranz niedergelegt und damit Eintracht demonstriert. In goldener Schrift hatten seine Witwe, die Kinder und Enkelkinder auf der Schleife unterschrieben. Auch die baden-württembergische Landesregierung gedachte mit einem Kranz an den Mäzen. Am Eingang der Kirche und der Stadthalle, wo der Trauergottesdienst wegen des großen Andrangs übertragen wurde, trugen sich die Trauernden in Kondolenzbücher ein. Nach dem Gottesdienst sprachen viele Kirchgänger der Familie persönlich ihr Beileid aus.
Auch eine Woche nach dem Selbstmord des Milliardärs bestimmte die Fassungslosigkeit das Bild in Blaubeuren. „Was einen solchen willensstarken und Gott sich verantwortlich fühlenden Mann dazu gebracht hat, sich selbst das Leben zu nehmen, werden wir Menschen niemals bis ins Tiefste erkennen“, sagte der ehemalige Landesbischof Gerhard Maier in seiner Predigt.
Bedrückende Faktoren
Die Entwicklung der vergangenen Monate, die internationale und nationale Finanzkrise, die Notlage der Firmen waren bedrückende Faktoren, sagte Maier. „Dass er, der sonst half und so hoch geachtet wurde, jetzt keine solche Hilfe entdeckte, dass er auf das Ausbleiben von Solidarität und verletzende Kommentare stieß, muss ihn im Innersten verwundet haben.“
„Ich habe ihn ganz anders erlebt, als er in den Medien dargestellt worden ist“, sagte die Zahnärztin Christiane Reulen vor Beginn des Gottesdienstes. Das Wort Abzocker, mit dem Adolf Merckle in den vergangenen Wochen häufig betitelt worden war, gehe ihr negativ unter die Haut. „Er ist meilenweit davon entfernt. Er ist ein bescheidener, normaler, bodenständiger Mensch“, sagte sie. Auch die Ulmer Künstlerin Gabriella Nasfetr ist bestürzt. „Ich kannte die Familie sehr gut und sie war wirklich zurückhaltend.“
Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner (SPD) sagte: „Adolf Merckle war für uns sehr wichtig - als Unternehmerpersönlichkeit und Arbeitgeber. Er war auch im sozialen und kulturellen Leben präsent. Wir trauern sehr.“ Auch der Ulmer IHK-Präsident Peter Kulitz nahm an dem Gottesdienst teil. Er wollte damit der Familie seine persönliche Verbundenheit zeigen, sagte er. Der Landrat des Alb-Donau-Kreises, Heinz Seiffert verabschiedete sich in Blaubeuren ebenfalls von dem Unternehmer. „Ich bin unendlich traurig, dass das Ganze so ausgegangen ist.“
Für die baden-württembergische Landesregierung nahm Sozialministerin Monika Stolz (CDU) an dem Trauergottesdienst teil. Ministerpräsident Günther Oettinger konnte aus terminlichen Gründen nicht kommen. Auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) und die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) waren beim Gottesdienst in Blaubeuren. Sie wollten sich nicht äußern.
Problematik
Der ehemalige Landesbischof sprach in seiner Predigt auch die Problematik der Kirche im Umgang mit dem Selbstmord an. „Die biblische Offenbarung verwehrt es uns eindeutig, dass wir uns selbst das Leben nehmen.“ Sie zeige den Weg zur Gnade und Barmherzigkeit Gottes, dem allein das Richten zustehe, sagte Maier. lsw
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